Donnerstag, 17. November 2011

strompreise und netzentgelte - der kleine darbt, der große labt

im sommer diesen jahres hat die regierung den großindustrien in deutschland wieder einmal ein geschenk gemacht.
wer sehr viel strom verbraucht, muss in zukunft weniger zahlen. milliarden-geschenke für die größten stromfresser. somit können diese firmen jährlich viele tausende euro einsparen. diese fehlenden gelder, die für den ausbau der erneuerbaren energien benötigt werden, werden auf kleine firmen und private haushalte umgelegt. 
somit steigen unsere strompreise.
zu beginn wurden nur 59 großunternehmen bei der EEG-umlage begünstigt. mehrkosten für die übrigen stromverbraucher dadurch rund 20 millionen euro. heute werden bereits 592 unternehmen entlastet, um 2,2 milliarden euro. und jetzt hat die bundesregierung diese begünstigung noch einmal ausgeweitet. ab dem nächstem Jahr werden dann 1.523 unternehmen subventioniert, mit insgesamt 3,1 milliarden euro. 

und das alles unter dem deckmantel: wettbewerbsfähigkeit!
Prof. Uwe Leprich, Hochschule f. Technik und Wirtschaft des Saarlandes: "Die Idee der besonderen Ausgleichsregelung war die, dass man die Unternehmen, die im harten globalen Wettbewerb stehen vor einseitigen Belastungen in Deutschland schützt. Seitdem ist meiner Ansicht diese Regelung völlig aus dem Ruder gelaufen - aus wissenschaftlicher Perspektive - weil jetzt eine sehr große weitgehende Befreiung schon stattgefunden hat der Industrie von der EEG-Umlage, und das lässt sich mit Wettbewerbsgesichtspunkten nicht mehr rechtfertigen."

Mit was dann? Professor Uwe Leprich hat vor zehn Jahren als Berater der Bundesregierung diese "Ausnahmeregelung" mitentwickelt. Seitdem wurde sie immer weiter ausgehöhlt. Durch Lobbyeinfluss?

Prof. Uwe Leprich, Hochschule f. Technik und Wirtschaft des Saarlandes: "Wir kriegen das als Wissenschaftler schon sehr konkret mit. Weil wir ja versuchen, bestmögliche Vorschläge zu machen, von denen wir meinen, dass sie auch begründbar sind, dass wir gute Argumente für diese Vorschläge haben. Und wenn die dann einfach vom Tisch gewischt werden, ohne Argumente, dann kann ja nur schiere Macht und schierer Lobbyismus dahinter stecken."

Ist das so? Wir wollten von der Regierung wissen, warum die Kleinen immer mehr belastet werden und gerade die großen Unternehmen sich immer weniger am Ausbau der Erneuerbaren Energien beteiligen sollen. Der Einzige, der mit uns sprechen wollte, ist Joachim Pfeiffer von der CDU. Für ihn ist die EEG-Umlage eine "Sonderlast".

Joachim Pfeiffer, Wirtschaftspolitischer Sprecher (CDU/CSU): "Wenn wir jetzt weitere Sonderlasten auf die Industrie abwälzen, dann ist deren Wettbewerbsfähigkeit in Gefahr. Denen steht da das Wasser eh schon bis zur Oberkante Unterlippe. Und dann würden Hunderttausende von Arbeitsplätzen wegfallen und dieses Rückgrat der deutschen Industrie aus Deutschland abwandern."

Prof. Uwe Leprich, Hochschule f. Technik und Wirtschaft des Saarlandes: "Man muss sich die Gewinne der Unternehmen angucken und da wird man sehen, der deutschen Industrie, der deutschen Wirtschaft, geht es gut. Und insofern kann man hier nicht davon reden, dass hier Zusatzbelastungen auf sie zukommen. Wir haben überall Kosten, auch im Bereich Energie und die müssen von Unternehmen getragen werden."

Bevorzugt werden sollten eigentlich nur Unternehmen, die im harten globalen Wettbewerb stehen. Wird das überprüft? Auf Anfrage teilt das Bundesumweltministerium dazu mit: Da inzwischen so viele Unternehmen bevorzugt würden, wäre ein Prüfung schlicht "nicht mehr praktikabel". Und noch ein gigantisches Geschenk hat die Bundesregierung den größten Stromverbrauchern gemacht - von der Öffentlichkeit unbemerkt. Die komplette Befreiung von den Netzentgelten. Die zahlt eigentlich jeder, egal ob Industrie oder privat. Aber seit diesem Jahr sind die Unternehmen, die am meisten Strom konsumieren, davon befreit. Geschätzte Ersparnis für die Industrie: 500 Millionen Euro. Bezahlen müssen auch das alle anderen. Vor einer Woche in Berlin. Beim Industrieverband VIK treffen sich die gar nicht so angeschlagenen Großunternehmer. Neben den Gewinnen eines erfolgreichen Jahres, feiern sie auch die Befreiung von den Netzentgelten. Mit diesem zusätzlichen Regierungs-Geschenk haben sie gar nicht gerechnet.
                                                                                            monitor: Sonia Seymour Mikich

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